Das Jahr 2020 steht im Zeichen der Entschleunigung. Nicht ganz freiwillig. Aber ich hatte viel Zeit um im Vorgarten auf Sechs- und Achtbeiner zu starren und mich zu fragen, ob wirklich alle braunen Vögel Spatzen sind. Die letzten Wochen konnten ordentlich Daten, Bildmaterial und Literatur gesammelt werden.
Das große, unbescheidene Ziel: Ausstellung und Artbook!
Langweilig? Von wegen! Zwischen Balkenbeißer, Tannenmeise und Pinselkäfer gibt es viel Raum für Urbane Romantik! Neue Materialien sollen Wege weisen, meinen Stil auffrischen. Noch stärker soll der Fokus auf den Mikrokosmos vor unserer Tür sein.
Bereit für eine No-Budget-Safari? Na dann hereinspaziert, in meinen Wilden Vorgarten!
Die Entstehung dieses Werks wurde durch ein Stipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachen ermöglicht.
Was hat dieses Projekt mit Profilschärfung und Portfoliospezialisierung zu tun?
Am Anfang stand eine Positionierung außerhalb des Kinderbuchsektors. Die Suche nach einer Nische begann! Und zwar ganz harmlos. Mit einem Buch. "Sie fliegt doch" von Dave Goulson. (Nur Terry Pratchetts Scheibenwelt bringt mich mehr zum lachen, als dieses grandiose Fachbuch) Und dem Aufruf, Bienen zu retten. Bienen? Die haben doch Imker! Oder? Und so kam es, dass die haarigen Hintern von Mauer-, Trauer- und Seidenbienen in mein Leben summten.
Aber sie waren nicht die ersten Sechsbeiner, die es auf mein Papier schafften. Ich würde ja gern erzählen, dass ich als Kind nichts anderes tat, als Käfer und Schmetterlinge zu studieren. Aber nein. Sie waren halt da, manchmal etwas eklig und in Form von Kartoffelkäfern ausgemachte Kleingärtnerfeinde.
Die Ersten bewussten Insekten, die meinen kreativen Schaffensprozess beeinflussten, entstanden im Textildesignstudium. Und zwar mit meinen Füßen, als trotzige Antwort auf eine Kreativitätsflaute und meine immerzu an mir zweifelnden Dozenten. Jahre später, im Rahmen, oder besser gesagt im Schaufenster des Ladenprojektes "malwatanderes" zeichnete ich meine ersten naturalistischen Käfer. Doch fragten mich ständig alle, wie die Käfer hießen. Das Problem: es waren alles Exoten. Wunderschön, bunt und glänzend, ohne Zweifel. Aber keiner von ihnen hatte einen "deutschen" Namen.
Zur gleichen Zeit zogen wir in unser Haus. Eingepresst in zwei Grundstücke, wirkt es wie ein frecher Lückensprenger, als hätte es sich mitten in der Nacht dazwischen gepresst. Der längliche, rechteckige Vorgarten mit rumpeliger Straße davor entsprach in keinster Weise meiner Vorstellung eines erholsamem Stück Naturs.
Und trotzdem... Ständig entdeckten wir dort die seltsamsten Kreaturen. Kleine sechsbeinige Unbekannte. Und peinlich berührt und zum Überdruss einer befreundeten Biologin, stellte ich fest: ich weiß mehr über die afrikanische Savanne als über das Gewimmel in meinem handtuchgroßem Vorgarten. Zeichnung für Zeichnung nahm ich also meine Instagram-Follower mit auf eine Reise in Mikrokosmos.
Nun entschleunigte mich die Corona-Krise wie ein Bremsblock auf offener Strecke. Befreit von sämtlichen Aufträgen war nun viel Zeit für eine Fokussierung auf diese Motivwelt. Eine Welt, die ich nur zu gern in das Zentrum meines Portfolios stellen würde.
Diesem Wunsch möchte mit diesem Stipendium gestützten Projekt nun endlich gerecht werden.
Also kommt mit in meinen Hummelbau und lasst euch davon überzeugen, dass der Hintern einer Zebraspinne mehr an ein Fischgrätmuster (Weberei) als an ein gestreiftes Pferd erinnert.
Da eine gewisse Vernarrtheit in pelzige Hummelhintern selten reicht, entsteht nun der Plan der Pläne.
Der erste Meilenstein stellt der Beitrag zur Nacht der Kunst Leipzig am 05. September 2020 dar. Meine Kooperationspartnerin ist Janet Olbrich mit ihrer Klavierschule Olbrich, die mir freundlicher Weise ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Eine wunderbare Gelegenheit, sich ein zeitliches Ziel für eine neue Kollektion an Insektenportraits zu setzen.
Begleitend dazu möchte ich alle meine Mitbewohner dokumentieren. Und ganz im Zeichen meines Mottos Neugier entfachen werden diese auf meinen socialmedia Kanälen wie Instagram und Facebook präsentiert. Aber auch werden Bienchen, Fliegen und Käfer herumfliegen und ihr Unwesen treiben. Ein Traum wäre natürlich auch eine haptische Umsetzung.
26.06.2020
Ja, Spinnen und ich, wir sind nicht die besten Freunde. Aber warum sie trotzdem im Portfolio nicht fehlen dürfen, lest ihr im aktuellen Blog-Eintrag
16.06.2020
Vielleicht etwas banal, aber irgendwo muss man ja anfangen am Roten Faden zu ziehen: Heute bekommt mein Wilder Vorgarten Platz auf meiner Homepage. Hier möchte ich über den Stand des Projektes schreiben und dem Projekt gebührend Leben einhauchen.